Bökendorf, OWL, New York

Janina Klahold

Dass sie sich vor einigen Jahren noch Gedanken darüber machen musste, bloß nichts zu vergessen, weil sie nicht wusste, wann und wie sie aus Brakel-Bökendorf das nächste Mal zum Einkaufen in die Stadt kommt, ist für sie heute unvorstellbar. Janina Klahold lebt in New York, 24/7, alles zu jeder Zeit, immer und überall, rastlos und ruhelos, und sie mittendrin.

In einer ganz normalen Woche hat Janina Klahold von 11:00 Uhr bis 21:00 Uhr Unterricht oder Abendkurse. Freiwillig arbeitet sie noch bei verschiedenen Schneidern und Designern, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Wenn sie nicht gerade für Prüfungen lernt, nutzt die junge Frau die wenige freie Zeit gerne für Sport oder um sich mit Freunden zu treffen.

2015 entschied sich die 25-Jährige, für ein Studium in „Fashion Merchandising und Management“ nach New York zu ziehen. Ein mutiger Schritt – aus dem 780-Seelen-Ort Bökendorf in die Acht-Millionen-Metropole. In New York hatte sie sich einige Jahre zuvor während eines Aupair-Aufenthalts verliebt. Dabei hatte alles ganz heimatverbunden angefangen – mit einer Ausbildung in OWL, als Modeschneiderin bei der Gerry Weber International AG in Halle. Mit der Traumnote 1,0 wurde Klahold 2015 im NRW-Berufswettkampf Siegerin auf Landesebene und gewann auf Bundesebene in Berlin den Titel „Beste Modeschneiderin Deutschlands“.

„Natürlich war es für mich damals eine Herausforderung, in die Großstadt zu ziehen. Viele Dinge laufen hier anders, als man sie bei uns kennt. Überaus schwierig war es schon, eine Wohnung zu bekommen, geschweige denn, sich in dem System zurechtzufinden“, berichtet sie. In New York sei man sehr auf sich gestellt, was das Leben zu einer täglichen Herausforderung mache.

Zielstrebig war Janina Klahold schon immer und bereits früh auf ihre beruflichen Ziele fokussiert. Diese Eigenschaften haben sich in New York noch weiter verstärkt. „Es inspiriert mich, von Menschen umgeben zu sein, die die verschiedensten Ziele verfolgen und  dementsprechend viel dafür geben beziehungsweise aufgeben. Diese Stadt kann viele Träume erfüllen, fordert aber auch von einem, dass man hart dafür arbeitet.“ So vergeht kein Tag, an dem sie nicht an ihren Zukunftsplänen werkelt, für das College lernt, recherchiert, sich in der Schnittanfertigung und dem -design oder im Nähen übt.

Der Förderpreis „Junge Kunst“ in der Kategorie „Modedesign“ hat für Janina Klahold „eine vielfältige Bedeutung“. „Für meine ,Kunst‘ eine Auszeichnung zu bekommen, hat mich sehr gestärkt und motiviert, weiter daran zu arbeiten, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Zum anderen hat mir der Preis es etwas leichter gemacht, meinen Weg hier in New York fortzusetzen.“

„Wer erfolgreich sein will, muss mutig sein und auch mal Dinge tun, die andere nicht machen“, meint die Nachwuchs-Designerin. Die Modewelt bedeute schließlich mehr als nur Kleidung. „Die Mode spiegelt den momentanen Zeitgeist eines ganzen Landes wider. Politik, Wirtschaft oder andere wichtige Ereignisse prägen sie. Mode ist der Ausdruck des Lebensgefühls einer ganzen Nation, das finde ich sehr spannend. Ehrgeiz, Mut, Durchhaltevermögen, Schnelligkeit, aber auch eine dicke Haut und emotionale Stärke sind die Erfolgsfaktoren in dieser Branche.“

Die Flexibilität und Unabhängigkeit des Lebens in New York machen es zwar einfacher, das Ziel zu erreichen. Allerdings hat alles auch seinen Preis. „Die Menschen sind gestresster. Der ständige Lärmpegel tut sein Übriges dazu. Es scheint, als ob niemand Zeit hat“, realisiert Klahold. Ihren emotionalen Ausgleich findet sie bei ihrer Familie im Kreis Höxter. Sie ist dankbar für die große mentale Unterstützung aus der Heimat – meistens via Skype. „Es tut gut zu wissen, dass meine Familie hinter mir steht und meine Entscheidung respektiert. Ich spüre, dass sie an mich glauben.“

Daneben pflegt Klahold die persönlichen Kontakte in der Modebranche, das „A und O“, um bestimmte Positionen zu bekommen. Jede Art von Netzwerk sei dabei hilfreich, um die Branche verstehen zu lernen oder sich neue Inspirationen zu holen. „Bei der Arbeit mit verschiedenen Designern kann ich von jedem etwas Neues lernen. Das wäre zu Hause in einer ,sicheren Umgebung‘ so nicht möglich gewesen.“

Klaholds größte Inspiration sind Menschen. „Ich mag es, von verschiedenen Kulturen umgeben zu sein und immer wieder Neues über deren Traditionen zu lernen. Besonders hier in New York leben die unterschiedlichsten Kulturen und Religionen nebeneinander und miteinander. Das fasziniert und inspiriert mich, denn so lerne ich weiter zu denken, als ich es bisher kenne. Im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass meine Ideen und Designs immer mehr Details oder Farbmuster von anderen Kulturen annehmen.“

Die angehende Modedesignerin hat ihr Ziel fest vor Augen: Möglichst viele Arbeitserfahrungen sammeln, um bald den Grundstein für ihr eigenes Label legen zu können. „Es wird eine berufliche Herausforderung werden, sich in einer so  konkurrenzstarken Stadt wie New York zu etablieren. Allerdings schrecke ich auch nicht davor zurück. Im Gegenteil, ich freue mich, wenn es endlich soweit ist.“ Das Durchatmen muss also noch etwas warten.